21. Jul 2021

Post-Covid: Langzeitfolgen nach Corona-Infektion.

21. Jul 2021

Ein milder Verlauf kann sich bei bis zu 15 Prozent der Betroffenen zu einem sogenannten Long-Covid entwickeln. Wir fassen die aktuellen Fakten dazu für Sie zusammen.

PreventON

Noch täglich infizieren sich Menschen mit dem Coronavirus und dessen neuen Varianten. Einige bemerken eine Infektion nicht oder kaum und haben daher nur milde Verläufe. Nach zwei Wochen mit Fieber, Husten oder Kopfschmerz scheint die Infektion vorerst überstanden. Ein geringerer Anteil der Infizierten hingegen leidet unter einem schwierigen Verlauf, der den Patienten zu einem Krankenhausaufenthalt und künstlicher Beatmung zwingt. Doch in immer mehr Studien verdeutlicht sich, dass auch solche, die einen milden Verlauf der Erkrankung erlebten, Gemeinsamkeiten mit den Krankenhauspatienten aufweisen. Dieser Zusammenhang meint, dass viele noch über Wochen oder Monate an ihrer Infektion leiden. Das Phänomen nennen Forscher „Long-Covid“, welches die Atemwege, das Herz-Kreislauf-System, den Muskelapparat, das Nervensystem und auch den Stoffwechsel betrifft.

In England haben Forschende der staatlichen Gesundheitsbehörden über eine App die zahlreichen Symptome von Infizierten über Wochen und Monate untersucht. Hierzu zählen unter anderem Kopfschmerzen, Müdigkeit, Gliederschmerzen, Atemprobleme, Gedächtnisverlust oder Konzentrationsstörungen. Demnach berichteten zehn Prozent der Teilnehmer*innen nach drei Wochen noch über verschiedenste Symptome – fünf Prozent nach fünf Wochen und zwei Prozent nach mehr als neun Wochen. Es gibt darüber hinaus Fälle, die sich schon Anfang des Jahres mit SARS-CoV-2 infiziert hatten und den Ärzten noch heute von langanhaltenden Kopfschmerzen berichten oder davon, dass sich der Geruchs- oder Geschmackssinn bisher nicht normalisiert hat.

Nach einer Infektion, insbesondere nach einer Einweisung ins Krankenhaus, verfügen die meisten Menschen über eine verminderte Leistungsfähigkeit. Das kann so weit gehen, dass die sogenannte Diffusionsfähigkeit abnimmt, also immer weniger Sauerstoff von der Lunge in die Blutbahn gelangt. Der Grund dafür ist, dass die Entzündungsreaktionen im Lungengewebe diese Stellen vernarben können. Die entsprechenden Muster der Atemprobleme äußern sich durch eine Überempfindlichkeit in Form eines häufigen Hustens. Weiterhin verdeutlicht sich in diesem Kontext eine Belastungsluftnot bei Anstrengung sowie eine Atmungsschwäche, die ein tiefes Einatmen verlangt. Viele Patient*innen klagen daher darüber, dass sie ihren früheren Alltag nicht mehr genauso bestreiten können oder sich erst Schritt für Schritt wieder herantasten. Aufstehen oder Treppe steigen sind schon teilweise eine zu große Belastung.

Von den mehr als 95.000 Patient*innen, die in England im Krankenhaus behandelt wurden, müsste nach Einschätzung der Gesundheitsbehörden fast die Hälfte auch nach der Entlassung medizinisch begleitet werden, etwa mit Rehamaßnahmen. Demnach müssen die Menschen ihren Geruchssinn wiedererlangen, den Atemrhythmus trainieren oder psychisch betreut werden.

Fast wöchentlich stoßen neue Symptome hinzu, die zu einem komplexen klinischen Bild verschwimmen, das die Ärzte und Wissenschaftler ordnen müssen. Die bisherigen Studien deuten darauf hin, dass folgende Faktoren die Langzeitfolgen wahrscheinlicher machen: schwere Krankheitsverläufe (häufige und schwere Symptome zu Krankheitsbeginn), Vorerkrankungen (zum Beispiel Übergewicht) oder das weibliche Geschlecht.

Kopf- und Gliederschmerzen, Müdigkeit und Durchfall sind Symptome, die immer wieder nach Infektionen berichtet werden. Abgeleitet von solchen und anderen Symptomen kommen Studien zu dem Urteil, dass mehr als die Hälfte der untersuchten Krankenhauspatienten noch Monate nach ihrer Infektion mit dem so genannten Chronischen Fatigue-Syndrom (CFS) zu kämpfen haben. Dabei handelt es sich um eine multisystemische Erkrankung, die sich an vielen Stellen im Körper bemerkbar und dem Patienten schwer zu schaffen macht. Es handelt sich um einen chronischen Erschöpfungszustand, der sich sowohl körperlich als auch mental äußern kann. Die Patienten leiden häufig an Herzrhythmusstörungen, Schlafproblemen, Reizdarm, Schweißananfällen oder einer Überempfindlichkeit gegenüber Nahrungsmitteln. Letztlich führen die zahlreichen Beschwerden dazu, dass die Menschen ihren Alltag nur mühevoll oder teilweise nicht mehr bewältigen können. Das wiederum kann Ausgangspunkt für viele weitere Probleme sein, zumal die Rückfallquote hoch ist.

Vier Monate nach der Infektion zeigten in einer Studie fast 70 Prozent der Infizierten noch mindestens eine Organschädigung, bei einem Viertel aller untersuchten Infizierten waren mehrere Organe beeinträchtigt. Von den Schäden waren alle jene Organe betroffen, die ACE2-Zellrezeptoren aufweisen, über die das Coronavirus eindringt: zum Beispiel Lunge, Leber, Niere oder Bauchspeicheldrüse. Auch in Hoden konnte man das Virus nachweisen und stellte eine veränderte und schlechtere Spermienqualität vor. Diese vielfältigen Wege, auf denen das Coronavirus den Körper angreift und schädigt, sind auch der Grund, weshalb das Virus auch dann die Todesursache sein könnte, wenn jemand an einem Herzinfarkt stirbt.

Bei einer obligatorischen Reihenuntersuchung von Sportlern an US-Universitäten wurden im Kardio-MRT etliche Fälle einer Myokarditis gefunden, die in den meisten Fällen asymptomatisch war. Nachdem es im letzten Jahr zu mehreren Berichten über kardiale Komplikationen von COVID-19 bei Leistungssportlern gekommen war, hat die sogenannte „Big Ten Conference“, der vor allem staatliche Universitäten im Nordosten der USA angehören, im September beschlossen, alle positiv auf SARS-CoV-2 getesteten Elitewettkämpfer auf kardiale Schäden hin zu untersuchen. Hintergrund ist die Sorge vor plötzlichen Todesfällen, die bei den durchtrainierten Sportlern zwar selten sind (Häufigkeit: 1 auf 50.000 pro Jahr), die jedoch stets für Aufsehen sorgen, vor allem, wenn sie während eines Wettkampfes auftreten. Bei 37 Athleten (2,3 %) stellten die Radiologen die Diagnose einer Myokarditis. Allerdings waren nur 9 Athleten zum Zeitpunkt der Untersuchung symptomatisch: 8 litten an Brustschmerzen, 3 an Luftnot und/oder 3 an Herzrasen. Von den 28 asymptomatischen Patienten wiesen 8 auch Veränderungen in EKG, Herzultraschall oder erhöhte Troponinwerte auf. Die übrigen 20 Sportler hatten nur im Herz- MRT Zeichen einer Myokarditis. Diese sei ein signifikanter Risikofaktor für einen plötzlichen Herztod, vor allem im jungen Alter.

Die immer größere Beweislage für Langzeitfolgen nach einer Infektion mit dem Coronavirus macht erneut deutlich, wie wichtig und sinnvoll es ist, Ansteckungen möglichst zu verhindern. Die Gefahren dürfen allerdings auch nicht dramatisiert werden, denn breite Symptome und Langzeitfolgen sind auch bei anderen Virusinfektionen bekannt. Ob dies bei Covid-19 häufiger auftritt oder derzeit nur häufiger beobachtet wird, das können Expert*innen noch nicht abschließend beurteilen. In pandemischen Zeiten treten auch viele Störfaktoren auf, die sich gesundheitlich bemerkbar machen können. Ärzten und Wissenschaftlern bleibt derzeit nichts anderes übrig, als möglichst viele Infizierte dauerhaft zu begleiten und zu untersuchen.

Auch prevent.on beschäftigt sich mit dem Long- und Post-Covid-Syndrom und verfügt mit über 850 Psychotherapeuten und neun medizinischen Standorten über ein breites Netzwerk an Experten, um Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen aus Kundenunternehmen die nötigen Unterstützung in dieser herausfordernden Zeit geben zu können.

Dieser Newsletter-Beitrag basiert auf den Veröffentlichungen in einem Review von Mathias Tertilt (Wissenschaftsjournalist):  sowie auf den Beiträgen des Ärzteblatts.

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